Weilburg erinnert e. V.

Theaterprojekt erinnert an die Opfer der NS-Krankenmorde – 80 Jahre nach der Befreiung

Weiltalschüler bringen bewegendes Stück über regionale NS-Verbrechen auf die Bühne

(WEILBURG/WEILMÜNSTER) – Vom 23. bis 28. Juni 2025 verwandelt sich die Weiltalschule Weilmünster erneut in einen Ort lebendiger Erinnerungsarbeit. Im Rahmen einer intensiven Projektwoche erarbeiten Schülerinnen und Schüler unter professioneller Anleitung ein Theaterstück über ein oft verdrängtes Kapitel deutscher Geschichte: die sogenannten NS-Krankenmorde.

Eine Szene aus dem Theaterprojekt des Vorjahres. // Foto: Peryton Film

Das Stück trägt den Titel „Weggesperrt. Ermordet. Vergessen? Ein Gedenkanstoß 80 Jahre nach der Befreiung“ und nimmt die Zuschauer mit auf eine eindringliche Reise in die Zeit zwischen 1933 und 1945. Im Mittelpunkt stehen die Verbrechen, die in der damaligen Landesheil- und Pflegeanstalt Weilmünster begangen wurden: Tausende psychisch kranke und behinderte Menschen wurden dort entrechtet, vernachlässigt, systematisch dem Hungertod überlassen, durch überdosierte Medikamente getötet oder in die Tötungsanstalt Hadamar deportiert und dort ermordet.

Die Jugendlichen zeigen in ihrer Theatercollage, wie aus einer menschenverachtenden Ideologie konkrete Gewalt wurde – an einem Ort, der heute als hochmodernes Krankenhaus bekannt ist, an dem Menschen geholfen wird und der Mensch im Mittelpunkt steht. Umso wichtiger ist es, auch die dunkle Vergangenheit dieses Ortes nicht zu vergessen. Der Verein Weilburg erinnert ist dankbar für die langjährige und verlässliche Unterstützung durch Vitos Weil-Lahn, die nicht nur die Auseinandersetzung mit der Geschichte ermöglichen, sondern auch ein wichtiges Zeichen für Verantwortung und Transparenz im Umgang mit der eigenen Institution setzen.

Unterstützt von den erfahrenen Theaterpädagogen Crischa Ohler und Sjef van der Linden vom Theater mini-art e. V. aus Bedburg-Hau setzen sich die Schülerinnen und Schüler kreativ mit diesem Teil der Geschichte auseinander. Neben dem historischen Geschehen in Weilmünster beleuchten sie auch die Rolle der Tötungsanstalt Hadamar. Ausgehend von Biografien, Originaldokumenten, Gedenktexten und eigenen Reflexionen entsteht eine theatralische Collage, die aufrüttelt, berührt und zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit einlädt. Monologe, szenische Darstellungen, choreografische Elemente und performative Zugänge verbinden sich zu einem eindrucksvollen Gesamtkunstwerk.

„Das Theaterprojekt bietet den Jugendlichen nicht nur eine kreative Ausdrucksform, sondern ermöglicht ihnen, Verantwortung für das Erinnern zu übernehmen“, sagt Crischa Ohler. „Sie lernen, aus der Geschichte heraus Fragen an die Gegenwart zu stellen – und entwickeln dabei Empathie, Selbstvertrauen und gesellschaftliches Bewusstsein.“

Konzipiert und inhaltlich getragen wird das Projekt vom Verein Weilburg erinnert e. V., der sich seit Jahren für eine lebendige Erinnerungskultur in der Region engagiert. Zum Auftakt führte der Vereinsvorsitzende Markus Huth einen ganztägigen Workshop zur historischen Einordnung der NS-Krankenmorde durch. „Wir analysieren gemeinsam, wie sich aus menschenverachtendem Denken konkrete Gewalt entwickelte – und welche zentrale Rolle dabei die Anstalten in Weilmünster und Hadamar spielten“, so Huth.

Die öffentliche Präsentation des Stücks findet am Freitag, den 28. Juni 2025 um 18:00 Uhr im Blumenhof-Theater in Weilmünster sowie am Dienstag, den 1. Juli 2025 um 18:00 Uhr im Festsaal von Vitos Weil-Lahn in Hadamar statt. Der Eintritt ist frei, eine vorherige Anmeldung ist erforderlich unter: www.theaterprojekt-anmeldung.weilburg-erinnert.de

Das Projekt wurde in diesem Jahr mit dem Jugendfriedenspreis 2024/25 des Landkreises Limburg-Weilburg ausgezeichnet – eine besondere Anerkennung für das langjährige Engagement des Vereins und der Weiltalschule Weilmünster. Die enge Zusammenarbeit mit Schulleiterin Anette Schmittel und der verantwortlichen Lehrerin Angela Krüger ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Möglich gemacht wird das Theaterprojekt durch die großzügige Förderung der
Zukunft bilden – Andrea & Markus Eisel Stiftung, der Stiftung Bilden sowie der Deutschen Postcode Lotterie. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass das Projekt professionell umgesetzt und kostenfrei angeboten werden kann.

„Dieses Projekt ist für uns ein Herzensanliegen“, sagt Martina Zimmermann, Schriftführerin im Vorstand des Vereins Weilburg erinnert. „Es ist eine Einladung an junge Menschen, sich mit Mut und Kreativität ihrer eigenen Geschichte zu stellen – und daraus Verantwortung für Gegenwart und Zukunft zu übernehmen. Was hier entsteht, ist echte Demokratiebildung.“