Weilburg erinnert e. V.

„Weilburg erinnert“ blickt auf erfolgreiche
Gedenkveranstaltungen zurück

Anspruchsvolles Jahresprogramm verabschiedet

Viel Lob hat Markus Huth auf einer Online-Mitgliederversammlung für sein ehrenamtliches Engagement als Erster Vorsitzender von „Weilburg erinnert“ erhalten, für sich und seine Vorstandsmitglieder, die in einem umfangreichen Jahresprogramm mit der Organisation von Zeitzeugengesprächen, Filmprojekten, Theateraufführungen oder Ausstellungen eine aktive Erinnerungskultur betreiben, die gegen Rechtsextremismus und Rassismus wirken und Demokratie und Menschenwürde stärken soll. Mit der Wahl von [namentlich nicht genannt] zum 2. Vorsitzenden ist auch der Vorstand wieder komplett.

„Ihr tut Weilburg gut!“, sagte Bürgermeister Johannes Hanisch in einem Grußwort in der Videokonferenz und dankte für „Ideen und Tatkraft“ und „das starke ehrenamtliche Engagement“, das sich in der Gedenktafel zum Grundgesetzartikel 1 am Gebäude der Stadtbücherei zeige und das die Stadt in der Förderung von Projekten durch „Demokratie leben“ in Partnerschaft mit Löhnberg und Merenberg unterstütze. Auch Ernst Richter, Vorsitzender des Partnervereins „Wetzlar erinnert“, grüßte und lobte mit anerkennenden Worten die Spurensuche der Weilburger. Er hob die gemeinsame Verantwortung beider Vereine hervor, „Impulse zu geben für das Lernen aus der Geschichte“, ohne dabei „in Konkurrenz zu Geschichtsvereinen treten zu wollen.“ Er freue sich auf weitere gemeinsame Veranstaltungen, wie zuletzt mit der Mahnwache für die Hanauer Opfer, bei einem Online-Zeitzeugengespräch mit dem NS-Verfolgten Ernst Grube im Juli und einer Fahrt zur Gedenkstätte Breitenau bei Guxhagen im Oktober.

Markus Huth berichtete von einer „engen, vertrauensvollen, konstruktiven Vorstandsarbeit“ in acht Sitzungen im Laufe eines Jahres, um trotz der Corona-bedingten Einschränkungen Projekte auf den Weg zu bringen. So konnte ein Erinnerungs-Schaufenster in der Marktstraße eingeweiht werden, wofür Huth noch einmal der Hausbesitzerin Angela Schröder dankte, sowie Hans-Peter Schick für das Generieren aller notwendigen Spenden. Auch sei in Kooperation mit dem Direktor des Philippinum, Stefan Ketter, und dem Fachbereichsleiter, Thorsten Rohde, die intensive Unterstützung der Bildungsarbeit des Gymnasiums vereinbart worden. Alle Weilburger Schulen würden aber davon profitieren, wenn beispielsweise der Musikpavillon für Theateraufführungen genutzt werde.

Nur positive Feedbacks habe der Verein erhalten, so Huth, für eine „neue Form des aktiven Erinnerns“ zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, einem 50-minütigem Online-Stream von Weilburg TV, mit dem abschließenden Verlesen der Namen von über 100 Weilburger Opfern des NS-Regimes am jüdischen Friedhof. Besonderer Dank gelte der Beisitzerin Martina Hartmann-Menz für die umfassende fachliche Vorbereitung. Über 1000 Klicks zeigten das Interesse, der Film sei dauerhaft abrufbar über die Homepage des Vereins. Martina Zimmermann berichtete, dass der Film spontan in den Online-Unterricht ihrer Schule eingebunden wurde. Einen ähnlichen Anklang habe das Online-Zeitzeugengespräch mit der 96-jährigen Esther Bejarano gefunden, besonders Schüler hätten in einem Chat von bleibenden Eindrücken gesprochen und zugesichert, zitierte Markus Huth, „ihre Geschichte immer weiter zu erzählen.“

Motiviert von diesem Zuspruch und angeregt durch „Wetzlar erinnert“ hat „Weilburg erinnert“ zu dem Zeitzeugen-Filmprojekt mit Weilburg TV „Weilburg 1933 – 1945“ aufgerufen. Zehn über 80-jährige Weilburger haben sich bei Vorstandsmitglied Manfred Schiebel inzwischen gemeldet. Im Sommer soll gestartet werden, professionell begleitet von einer Dozentin am Fachbereich Fachjournalistik Geschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen, Anja Horstmann. Sie und zwei ihrer Studenten von der Fachjournalistik Geschichte befragen die Zeitzeugen und betten ihre Erzählungen in den historischen Kontext ein.

Markus Huth stellte das weitere Jahresprogramm vor. Am 5. Mai könne online der Vortrag „Krankenmord im Bezirksverband Nassau“ von Dr. Peter Sandner verfolgt werden. Am 1. September plane man Veranstaltungen zum Beginn des II. Weltkrieges und zum „Euthanasie-Erlass“, es folge eine Schulaktion zum Tag der Zivilcourage am 19.9., je nach Pandemielage am 9. Oktober die Gedenkstättenfahrt, für den 27. und 28. 10. Aufführungen des Stücks „Ännes letzte Reise“ des Theater mini-art unter der Schirmherrschaft des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, im November eine Wanderausstellung zum Hitler-Attentäter Georg Elser im Kulturzentrum Spielmann, im Dezember eine Zeitzeugenbegegnung in Kooperation mit dem Bistum Limburg. Schließlich sei auch schon die Ausstellung „Hass vernichtet“ der Berliner „Politputze“ Irmela Mensah-Schramm für Januar 2022 vorgebucht und für den 26. und 27. Januar Aufführungen des Theater-Spiels Witten „ÜBERdasLEBEN oder mein Geburtstag mit dem Führer“, ein Stück über den Widerstand des ‚einfachen Bürgers‘ im Alltag des Nationalsozialimus.

Das wichtigste Projekt „Stolpersteine für Weilburg“ wollen die Vereinsmitglieder jetzt nach den Kommunalwahlen verstärkt in die Öffentlichkeit tragen und hoffen am Ende auf gemeinsame Initiativen der Fraktionen des Stadtparlaments für einen klaren Beschluss. Hilfreich könne dabei sein, so Markus Huth, dass Weilburger Schulen darauf warteten, Patenschaften für Stolpersteine zu übernehmen, und dass vor allem bereits 6240 Euro zweckgebundene Spenden privater Sponsoren eingegangen seien. Auch Bürgermeister Johannes Hanisch signalisierte die Fortsetzung eines offenen Dialogs mit den städtischen Gremien, die Bereitschaft dazu sei da.

Die virtuell zugeschalteten Mitglieder entlasteten einstimmig Kassierer Manfred Schiebel und den Gesamtvorstand, nachdem die Kassenprüfer, Walter Eigenbrodt schriftlich und Renate Michel mündlich, den „einwandfreien Zustand“ der Kasse bestätigt hatten. Einstimmig wurde auch der Finanzplan 2021 verabschiedet, der zahlreiche von Markus Huth beantragte oder bereits zugesagte Fördermittel enthält. Dazu gehören auch je 500 Euro Spende von Ministerpräsident Volker Bouffier, Landrat Michael Köberle und der Kreissparkasse Weilburg für die  geplanten Theateraufführungen.

Die Mitglieder wählten Renate Michel und neu Carmen Rau zu Kassenprüfern für die Geschäftsjahre 2021 / 2022 und Walter Eigenbrodt als Ersatz. Einstimmig wurde [namentlich nicht genannt] in einer Vorstandsnachwahl zum 2. Vorsitzenden gewählt. Er bringt viel Erfahrung aus der Arbeit im Kultur- und Geschichtsverein Weinbach-Elkerhausen mit. Stolz berichtete Markus Huth auch von 16 Vereinsbeitritten seit Mitte 2020, so dass „Weilburg erinnert“ jetzt 36 Mitglieder hat, darunter drei Fördermitglieder. (jw)

 

Foto: Theater “Ännes letzte Reise” in der Stadthalle weilburg, Copyright: Peryton Film Gießen