Weilburg erinnert e. V.

Theater: “Sich in das Leben in einer Diktatur hineinversetzen”

Am Dienstagabend, 30.01.24, füllte sich die Weilburger Stadthalle. Eingeladen hatte der Verein „Weilburg erinnert“, denn es gastierte die Gruppe „theaterspiel“ aus Witten. Das Theaterstück „ÜBERdasLEBEN oder meine Geburtstage mit dem Führer“ von Beate Albrecht, bewegte und berührte das Publikum, es zeigte, dass der Slogan „Nie wieder ist jetzt“ aktueller denn je ist.

Am Vormittag wurde das Stück bereits durch den Verein vor ca. 250 Schülern der Weiltalschule Weilmünster aufgeführt.

Die Schauspieler Beate Albrecht (Annis Mutter), Andreas Strigl (Vater), Sophie Schonlau (Anni), Ivo Schneider (Hansi) und Florian Walter (Annies Musiklehrer Herr Liebmann) schafften es durch ihre Bühnenpräsenz, die Musik, die Requisiten und die Lichtverhältnisse, der Geschichte, die auf erlebte Zeitzeugenberichte basierte, das Publikum mitzunehmen auf eine Reise in die schrecklichen Erlebnisse der Vergangenheit.

Anni schafft es erst an ihrem 99. Geburtstag ihrer Urenkelin vom Inhalt eines alten Koffers zu berichten, und damit auch von ihrem Leben. Die Darsteller erzählen zuerst unbedarft, freudig tanzend von den Anfängen, von Hitlerjugend und Euphorie und das Kind Anni ist begeistert, hat es doch am gleichen Tag wie der „Führer“ Geburtstag. Am Tag der Machtübernahme ist sie gerade einmal 9 Jahre alt. Doch später werden die Geburtstagsfeiern Jahr, um Jahr schwieriger und trotz der Anstrengungen der Eltern, dem Kind immer ein schönes Fest zu bereiten immer beschwerter.  Die Erlebnisse in der Familie, die sich dem Widerstand anschließt, den geliebten jüdischen Musiklehrer Liebmann schweren Herzen entlassen muss und schlussendlich selbst ins Visier der Nazi-Nachbarn und ehemaligen Freund aus Kindertagen (Hansi) gerät, werden stehts untermalt von den oft düsteren, tiefen Klängen des Bass-Saxofons.

Anni wächst hinein in ein Deutschland, dass sich immer mehr wandelt und aus dem netten Nachbarsjungen wird ein grober Denunziant. Als an ihrem 12. Geburtstag der geliebte Vater ins KZ kommt, später dort angeblich „auf der Flucht erschossen“ wird, schließt sich Anni später auch selbst mit einigen Jugendlichen dem Widerstand an, verteilt Flugblätter und endet gemeinsam mit der Mutter und Herr Liebmann im KZ, nur Anni wird am Ende das Grauen überleben. Mut machen ihr die Eltern und Herr Liebmann, selbst nach ihrem Tod, Anni: „sie sind tot, aber nicht im Herzen!“ Sie hat nicht die Worte ihres Vaters bei dessen Verhaftung vergessen:“ Merk es dir und erzähl davon…später!“ So sagt sich Anni immer wieder: „Ich werde davon berichten, es soll nichts umsonst gewesen sein!“ Am Kriegsende treffen sich Hansi und Anni noch ein letztes Mal, er versteckt sich desillusioniert und gebrochen, er bemerkt „ich habe doch nur meinen Dienst gemacht…“.

Das bewegende Spiel zeigt die Realität, so wie es war und nie wieder werden darf. Es berührte die Herzen des Publikums, die die Schauspieler mit stehendem Applaus belohnten, sicher auch aus Respekt und in Erinnerung an so viele, die sich damals in ähnlicher Lage befanden, leiden und sterben mussten. Dieses Thema des Widerstandes ist auch heute noch aktuell und verdeutlicht wie nötig es ist jeden Tag für Demokratie und Menschlichkeit einzutreten.

Im Anschluss standen die Darsteller noch für eine Fragerunde zur Verfügung.

Auch Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums (GPW) und der IGS Mankelschule erlebten die Aufführung am Folgetag.

Text: Angelina Borrello
Foto: Peryton Film